Flagge der Europäischen Union im Wind wehend, im Hintergrund blauer Himmel
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Rahmenbedingungen für nachhaltiges Wirtschaften

Wie Sie Anforderungen erfüllen und Chancen nutzen

Lesedauer: 8 Minuten

Strategien, die eine nachhaltige Entwicklung unterstützen

Das Klimaschutzabkommen von Paris, der European Green Deal mit seinem „Fit for 55“-Paket sowie nationale und regionale Klima- und Energiepläne verpflichten Österreich zur CO2-Reduktion, zu mehr Energieeffizienz und zum Ausbau der erneuerbaren Energie. Für ein gemeinsames Verständnis von Nachhaltigkeit wurden von den Vereinten Nationen im Jahr 2015 die 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (auch Sustainable Development Goals bzw. SDGs) beschlossen. Diese dienen auch Unternehmen als Orientierungshilfe.

Ziel dieser politischen Initiativen ist es, den Klimawandel so weit wie möglich zu stoppen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen bestimmte Regeln in Bezug auf nachhaltiges Wirtschaften eingehalten werden. Diese reichen von nachhaltigem Finanzwesen über die Informationspflicht hinsichtlich der unternehmerischen Nachhaltigkeit bis hin zu mehr Transparenz entlang der Lieferketten.

EU-Taxonomie und nachhaltiges Finanzwesen

Ein wesentlicher Fokus des European Green Deals ist es, die Finanzströme innerhalb der Mitgliedstaaten zukünftig verstärkt in nachhaltige wirtschaftliche Investitionen zu lenken. Damit hat die EU-Kommission auch den Banken eine wesentliche Rolle im Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaft zugewiesen. Umweltfreundliche und nachhaltige Tätigkeiten, Technologien und Unternehmen sollen im Bereich der Finanzierung zusätzlich forciert und so ein weiterer Beitrag zum Ziel der Klimaneutralität geleistet werden.

Mit der Taxonomie-Verordnung werden Kriterien festgelegt, wann eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig bzw. „sustainable“ einzustufen ist. Daran könnten sich in Zukunft weitere rechtliche, finanzielle oder praktische Konsequenzen knüpfen und auch die Geschäftsbeziehung zwischen Unternehmen und Hausbank beeinflusst werden.

Unter dem Titel „Sustainable Finance“ werden unternehmerische Investitionen über deren Finanzierung bei den Banken bzw. über den Kapitalmarkt in Richtung Nachhaltigkeit gelenkt. Ein nachhaltiges Finanzwesen bezieht sich auf die Berücksichtigung umweltbezogener, sozialer und rechtlicher Erwägungen (sogenannter „ESG-Faktoren“) bei Finanzierungsentscheidungen, was zu mehr Investitionen in längerfristige und nachhaltige Aktivitäten führen soll.

EU-Lieferkettengesetz

Im April 2020 kündigte EU-Justizkommissar Didier Reynders einen europäischen Entwurf für ein umfassendes EU-Lieferkettengesetz an. Dieses EU-Lieferkettengesetz soll u.a. vorsehen, dass Unternehmen zur Achtung von Menschenrechten und Umweltstandards in ihren gesamten Lieferketten verpflichtet sind. Weiters soll es Klagemöglichkeiten für Betroffene, einschließlich Gewerkschaften und NGOs, geben. Im März 2021 forderte das Europäische Parlament zudem, dass die EU-Regelung alle Stufen der Lieferkette umfassen und zivilrechtliche Haftung der Unternehmen miteinschließen soll.

Die Europäische Kommission (EK) hat am 23.2.2022 einen Entwurf für eine neue Richtlinie über Nachhaltigkeitspflichten von Unternehmen und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2019/1937 (= Whistleblower-Richtlinie) veröffentlicht. Im Rat wurde bereits im Dezember 2022 eine allgemeine Ausrichtung erzielt. Das Europäische Parlament hat am 1.6.2023 seine Position angenommen. 

Der Rat der EU und das Europäische Parlament haben am 14.12.2023 eine vorläufige politische Einigung zum EU-Lieferkettengesetz (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD) erzielt. Die Abstimmung im Rat über die vorläufige Einigung wurde allerdings aufgrund nicht ausgeräumter Bedenken mehrerer EU-Mitgliedsstaaten wiederholt verschoben. Daraufhin wurde ein neuer abgeschwächter Kompromisstext vorgeschlagen, der am 15.3.2024 im Rat und am 19.3.2024 im JURI-Ausschuss des Europäischen Parlaments angenommen wurde. Der Kompromisstext muss noch vom Plenum des Europäischen Parlaments gebilligt und förmlich angenommen werden. Die Abstimmung in diesem Gremium ist für den 24.4.2024 angesetzt.

WKÖ Position: Die österreichische Wirtschaft bekennt sich zu nachhaltigem, verantwortungsvollem und zukunftsfähigem Wirtschaften. Das Ziel des EU-Lieferkettengesetzes, soziale und ökologische Standards international zu verbessern, wurde von Beginn an unterstützt. Von einer EU, die eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und einen Bürokratieabbau zum Ziel hat, hätte man allerdings einen praktikableren Ansatz erwarten dürfen.

Um den Wirtschaftsstandort Österreich im internationalen Wettbewerb nicht weiter zu gefährden, darf es bei der nationalen Umsetzung zu keiner übermäßigen bürokratischen Belastung der Unternehmen durch eine Übererfüllung von EU-Vorgaben kommen. Zudem braucht es jetzt rasche und effektive staatliche Unterstützungsmaßnahmen, wie sie im EU-Lieferkettengesetz vorgesehen sind. Ansonsten besteht die Gefahr, dass sich europäische Unternehmen aus bestimmten Drittstaaten aus Sorge vor ausufernden Haftungsrisiken zurückziehen, wodurch der Schutzzweck des EU-Lieferkettengesetzes unterlaufen werden würde. Auch bei der Festsetzung der Höhe der im EU-Lieferkettengesetz vorgesehenen Verwaltungsstrafen muss dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gefolgt werden.

Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD)

Die Informationspflicht über Nachhaltigkeitsaspekte gilt aktuell nur für ganz bestimmte Unternehmen von „öffentlichem Interesse“ und ab 500 Mitarbeitern. Durch die kommenden Änderungen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) wird der Kreis der berichtspflichtigen Unternehmen deutlich ausgeweitet werden:

Die CSRD führt detailliertere Berichtspflichten ein und legt fest, dass alle große Unternehmen und alle an geregelten Märkten notierten Unternehmen mit Ausnahme von Kleinstunternehmen über Nachhaltigkeitsthemen wie Umweltrechte, soziale Rechte, Menschenrechte und Governance-Faktoren berichten müssen. Es wird auch eine Prüfungspflicht für die Nachhaltigkeitsberichterstattung eingeführt und die Veröffentlichung in einem digitalen und maschinenlesbaren Format im Lagebericht vorschrieben. Die Berichterstattung muss künftig nach verbindlichen Standards erfolgen. Die Standards werden mit Unterstützung der Europäische Beratergruppe für Rechnungslegung (EFRAG) von der Europäischen Kommission als delegierte Rechtsakte beschlossen werden.

Die Anwendung der neuen Regelungen erfolgt in vier Phasen:

  • 1.1.2024 CSRD gilt für Unternehmen, die derzeit dem NFRD unterliegen (Anforderungen gelten für Geschäftsjahre, die am/nach dem 1.1.2024 beginnen, erste Reporting 2025
  • 1.1.2025 CSRD gilt für große Unternehmen, die derzeit nicht dem NFRD unterliegen (GJ 2025, erste Berichterstattung 2026)
  • 1.1.2026  CSRD gilt für gelistete KMU (Berichterstattung für GJ 1.1.2026, erste Berichterstattung 2027 Opt-out möglich bis 2028)
  • 1.1.2028 CSRD gilt für Unternehmen aus Drittländern (Anforderungen gelten für GJ ab dem 1.1.2028, erste Berichterstattung im Jahr 2029) 

Weitere Unternehmen könnten im Rahmen der Lieferkette und bei Bankgeschäften dazu angehalten sein, über Nachhaltigkeitskriterien zu berichten.

Der Rechtsakt wurde von Rat und dem Europäischen Parlament im November 2022 angenommen. Die CSRD wurde nach der Unterzeichnung durch die Präsidentin des Europäischen Parlaments und den Präsidenten des Rates im Amtsblatt der Europäischen Union am 14.12.2022 veröffentlicht und tritt − 20 Tage danach – mit Anfang Jänner 2023 in Kraft. Die neuen Vorschriften müssen 18 Monate später von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden.

Den im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Text finden Sie hier: Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen

Aktuell nicht rechtlich verpflichtete Unternehmen können aber bereits jetzt freiwillig Nachhaltigkeitsberichte erstellen. Wenden Sie sich dazu gerne an die CSR-Expert Group des Fachverbandes Unternehmensberatung und IT.

Außerdem gibt es die Möglichkeit, einzelne Nachhaltigkeitsaktivitäten in Form von Medienberichten, z.B. in Social Media Kanälen zu kommunizieren. Kontaktieren Sie dahingehend gerne die Kommunikationsprofis des Fachverbandes Werbung und Marktkommunikation.

Ausgezeichnete Nachhaltigkeitsberichterstattung wird auch prämiert.

Weitere Infos zur CSRD finden Sie in den FAQs.

Entwaldungsfreie Lieferketten – Neue Sorgfaltspflichten für Unternehmen ab 31.12.2024

Die EU hat mit der Verordnung Nr. 2023/115 vom 31. Mai 2023 neue Vorschriften für entwaldungsfreie Lieferketten erlassen, um damit dem Waldabbau zugunsten landwirtschaftlicher Flächen Einhalt zu gebieten. Bis zu 90 Prozent der globalen Entwaldung gehen laut der Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) auf Rodungen für die Landwirtschaft zurück. Angetrieben werde vor allem die Nachfrage nach Palmöl, Soja und Kakao in den Konsumentenländern auch in Europa. Die Verordnung ist am 29. Juni 2023 in Kraft getreten und gilt – nach einer Übergangszeit von 18 Monaten – ab dem 30. Dezember 2024. Kleinere und mittlere Unternehmen haben bis zum 30. Juni 2025 Zeit für die Umsetzung.

EU-Richtlinien gegen Greenwashing

Die geplanten EU-Richtlinien gegen Greenwashing sollen unzutreffende Umweltaussagen zurückdrängen. Darüber hinaus soll es Verbraucher:innen künftig leichter fallen, verantwortungsbewusste Kaufentscheidungen zu treffen. Aus diesen Zielsetzungen resultieren zwei Richtlinien, die sich aktuell im Gesetzgebungsprozess der EU befinden:

Details zu den geplanten EU-Richtlinien erfahren Sie unter EU-Richtlinien gegen Greenwashing.

EU-Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (European Sustainability Reporting Standards; ESRS)

Die Europäische Kommission veröffentlichte am 31.7.2023 den ersten delegierten Rechtsakt zu den Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (European Sustainability Reporting Standards; ESRS) . Dazu zählen bereichsübergreifende Standards sowie Standards für die Offenlegung von Informationen zu Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekten. Die Standards wurden von der Europäischen Beratergruppe für Rechnungslegung (EFRAG) ausgearbeitet und als delegierte Rechtsakte durch die Europäische Kommission beschlossen.

Der von der Europäischen Kommission verabschiedete Delegierte Rechtsakt wird formell in der zweiten Hälfte des Augusts 2023 an das Europäische Parlament und den Rat zur Prüfung übermittelt. Die Prüfungsfrist beträgt zwei Monate und kann um weitere zwei Monate verlängert werden. Das Europäische Parlament oder der Rat können den Delegierten Rechtsakt ablehnen, dürfen ihn jedoch nicht ändern.

Dieser Rechtsakt ergänzt die Richtlinie (EU) 2022/2464 vom 14. Dezember 2022 über die Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD), nach der Großunternehmen und börsennotierte Unternehmen verpflichtet sind, regelmäßig Berichte über ihre Sozial- und Umweltrisiken sowie über die Auswirkungen ihrer Tätigkeiten auf Mensch und Umwelt zu veröffentlichen. Details auf der Seite der EU-Kommission: The Commission adopts the European Sustainability Reporting Standards (europa.eu)

Geschäftschancen national und international 

Für nachhaltige Produkte und Dienstleistungen ergeben sich durch die gesteigerte Nachfrage bei den Konsument:innen viele neue Absatzmöglichkeiten. Das gilt sowohl auf regionaler, nationaler aber auch auf internationaler Ebene.

Dabei steht die Marke Österreich für Qualität, Innovationskraft und gesellschaftliche Verantwortung. Einen wesentlichen Beitrag dazu leisten jene Unternehmer:innen, die nachhaltig Wirtschaften. Viele davon übernehmen freiwillig soziale Verantwortung (auch Corporate Social Responsibility bzw. CSR). Als Grundlage für diese Form der Selbstverpflichtung dienen internationale Management- und Nachhaltigkeitsstandards wie GRI oder ISO 26000.

Vorausschauendes und nachhaltiges Wirtschaften kann langfristig neue Märkte entwickeln und trägt zum guten Ruf Österreichs als verantwortungsvoller Partner bei. Als Beispiel ist hier u.a. der Bereich Green Tech zu nennen, in dem die österreichische Wirtschaft weltweit führend ist.

Die AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA unterstützt österreichische Unternehmen auf ihrem Weg in den Export und bei allen Fragen rund ums Auslandsgeschäft. Sie finden Ansprechpartner in den rund 100 Stützpunkten im Ausland (Übersicht der AußenwirtschaftCenter) sowie in dem in Wien ansässigen Hauptsitz.

Die Themen Nachhaltigkeit, Compliance, CSR, Wirtschaft und Entwicklung werden von der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA immer wieder beleuchtet. Hier geht es zu Veranstaltungen rund um diese Themen.

Internationalisierungsoffensive go-international (Förderprogramm)

Wer Kräfte bündelt, erreicht mehr und kommt schneller ans Ziel. Wer sich im Auslandsgeschäft viel vornimmt, nützt daher am besten die
„All-inclusive-Angebote“ von mehr als 160 Branchenfokusprogrammen.

Zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Markt und oft regional gebündelt unterstützt die AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA in
45 Schlüsselbranchen den Markteintritt oder die Expansion österreichischer Exporteur:innen und Investor:innen mit maßgeschneiderten Leistungspaketen.

Von Fachleuten vor Ort erstellte Studien versorgen Unternehmen mit wertvollem Markt- und Branchenwissen. Expert:innenforen informieren über Geschäftschancen und Rahmenbedingungen. Auslandsveranstaltungen mit starkem B2B-Fokus unterstützen bei der Geschäftsanbahnung im Zielmarkt. Branchen-Manager:innen betreuen Firmen in Österreich, und Expert:innen in den AußenwirtschaftsCentern unterstützen vor Ort.

Dazu gibt es Startgeld für Mutige! Das Förderprogramm go-international erleichtert Ihnen den Sprung über die Grenze und ist Teil der Internationalisierungsoffensive des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort und der Wirtschaftskammer Österreich.

Stand: 28.03.2024

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