Illustration eines an einem Haken hängenden Containers. Die Längsseite des Containers ist dunkelblau. Auf der Seite ist ein Kreis aus gelben Sternen. Im Hintergrund ist ein Himmel mit Wolken
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Österreich feiert 30 Jahre EU-Mitgliedschaft

2025 feiert Österreich den 30. Jahrestag des Beitritts zur Europäischen Union. Was damals von großer Begeisterung begrüßt wurde, wird heute von einer zunehmend kritischeren Haltung begleitet. Dennoch bleibt der wirtschaftliche Nutzen der EU-Mitgliedschaft für Österreich unbestritten, wie Expert:innen betonen.

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Aktualisiert am 02.05.2025

Der gemeinsame EU-Binnenmarkt hat den freien Waren-, Dienstleistungs-, Kapital- und Personenverkehr ermöglicht, wodurch Handelsbarrieren abgebaut und neue Märkte erschlossen wurden. Österreich hat sich als zentrale Handelsdrehscheibe im Herzen Europas etabliert. Der Zugang zum Binnenmarkt hat die Wertschöpfung des Landes signifikant gesteigert, was sich in den Realeinkommen der österreichischen Bevölkerung widerspiegelt. Berechnungen zeigen, dass der Zugang zum Binnenmarkt jährlich etwa 4000 Euro mehr an Einkommen pro Kopf gebracht hat. Die Exporte in die EU-Staaten haben sich seit dem Beitritt Österreichs im Jahr 1995 vervierfacht – von 33 Mrd. Euro auf beeindruckende 137 Mrd. Euro.

Besonders eindrucksvoll ist die Entwicklung in Tirol: Hier stiegen die Exporte in die EU von 3,03 Mrd. Euro im Jahr 1994 auf rund 16,44 Mrd. 2023. Insgesamt hat sich das Tiroler Handelsvolumen mit der EU etwa verfünffacht. Diese enorme Steigerung unterstreicht die Bedeutung des EU-Binnenmarktes als des wichtigsten ­Handelspartners Österreichs. Aktuell kommen 70 % der Importe Österreichs aus den 26 anderen EU-Staaten und 70 % der Exporte gehen dorthin.

Planbarkeit ist entscheidend für die Industrie


Tiroler Unternehmer auf Erfolgskurs

Ein Beispiel für die bemerkenswerten Erfolge der Tiroler Wirtschaft ist der Wärmepumpen-Spezialist OVUM in Kirchbichl. „Die EU ist für ein export­orientiertes Unternehmen wie unseres von großer Bedeutung. Ich halte die Gemeinschaft innerhalb der EU für essenziell“, betont Geschäftsführer Martin Fischbacher. OVUM Wärmepumpen ist in neun europäischen Ländern aktiv und exportiert 80 Prozent seiner Produkte – und hat seit seiner Gründung ein beeindruckendes Wachstum erreicht. Die Anlagen von OVUM haben aktuell den höchsten Wirkungsgrad ETAs von über 6900 Luft/Wasserwärmepumpen in der deutschen BAFA-Liste (Stand 01.03.2025). Zudem startet OVUM ab Mai mit MIRA (Modern Intelligent Regulation Application), einer hochentwickelten Regelungsplattform zur Optimierung des Energiemanagements. Fischbacher sieht jedoch auch Herausforderungen: „Es gibt immer wieder Diskussionen um das Lieferkettengesetz und Handelsbarrieren. Ich glaube, dass es wichtig ist, an bestimmten Stellschrauben zu drehen, um mehr Miteinander zu erreichen.“ Die Planbarkeit für die Industrie sei momentan eine Herausforderung, und es wäre hilfreich, wenn hier mehr Stabilität geschaffen würde.

Auch Katrin Traugott, Geschäftsführerin des gleichnamigen Großhandelsunternehmens für Spezialböden in Innsbruck, hebt die Vorteile der EU-Mitgliedschaft hervor: „Früher mussten wir bei jedem einzelnen Land Zollformalitäten erledigen, was die Lieferungen teurer machte. Jetzt können wir unsere Waren innerhalb der EU ohne solche Hürden versenden, was den Aufwand erheblich reduziert.“ Traugott sieht jedoch auch Probleme: „Gerade in der Umsatzsteuerregelung bei längeren Lieferketten wären praktikablere bzw. einfachere Regelungen wünschenswert.“ Trotz dieser Herausforderungen betont auch sie die starke Exportorientierung Tirols und wie wichtig die Einbindung in die europäische und weltweite Wirtschaft ist. Ihr Unternehmen, das in der vierten Generation tätig ist, beliefert zwar hauptsächlich Kunden in Österreich, hat aber einen Exportanteil von 15 Prozent, mit Kunden in der ganzen EU. Das Hauptprodukt der Georg Traugott GmbH sind spezielle Gummiwabenmatten für Bergbahnen, die das Unternehmen selber entwickelt hat.

Größtenteils ist die EU-Mitgliedschaft sehr vorteilhaft für uns.


Ausländische Direktinvestitionen: ein Wachstumstreiber

Ein weiteres Beispiel für die positiven wirtschaftlichen Auswirkungen der EU-Mitgliedschaft sind die ausländischen Direktinvestitionen. Diese haben sich seit 1995 verdreizehnfacht – von 16 Milliarden Euro auf mittlerweile über 205 Milliarden Euro. Diese Investitionen haben nicht nur das Wirtschaftswachstum gefördert, sondern auch tausende von Arbeitsplätzen in Österreich geschaffen.

Herausforderungen und Chancen in der EU

Die EU steht aktuell unter erheblichem Druck und muss ihre Wettbewerbsfähigkeit beweisen. In Zeiten von Trump 2.0 in den USA und des Wettrennens um die Weltmacht mit China muss sich die EU verstärkt auf die Frage konzentrieren, wie die Handelsbeziehungen zu diesen Mächten weiterentwickelt werden können. Auch die Sicherung kritischer Rohstoffe und leistbarer Energie für die Industrie ist essenziell.

Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist das Omnibus-Paket, das seit Anfang des Jahres 2025 Initiativen zum Bürokratieabbau auf EU-Ebene startet. Ziel ist es, den Unternehmen den bürokratischen Aufwand zu erleichtern, den administrativen Druck zu senken und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu stärken. Mit Fokus auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU) soll die EU langfristig als Wirtschaftsfaktor in der Welt gestärkt werden.

EU-Mitgliedschaft als langfristiger Wirtschaftsfaktor

Trotz der aktuellen kritischen Stimmen darf nicht vergessen werden, dass die EU-Mitgliedschaft Österreich einen erheblichen wirtschaftlichen Vorteil verschafft hat. In diesem Kontext eröffnet Österreich AT60, das Haus der österreichischen Wirtschaft in Brüssel, um die Interessenvertretung vor Ort zu stärken und als Plattform für den Austausch und die Vernetzung in wirtschaftlich und politisch unsicheren Zeiten zu fungieren.