Zum Inhalt springen
Neumayr/Christian Leopold
© Neumayr/Christian Leopold

Im Interview: Wildshut-Chef Herbert Stranzinger

Das Stiegl-Gut Wildshut ist ein Impulszentrum für ein neues Ernährungs- und Lebensbewusstsein der erfolgreichen Salzburger Bierbrauerfamilie Kiener. Vor zehn Jahren, im Jahr 2015, wurde es aus der Taufe gehoben bzw. öffnete Familie Kiener die Wildshut-Tore für die Öffentlichkeit. 

Lesedauer: 3 Minuten

Aktualisiert am 26.09.2025

Am Gut werden alle Schritte des Bierbrauens wieder in die eigenen Hände genommen – vom Anbau des Bio-Getreides und des Hopfens über das Vermälzen bis hin zum Brauen. Außerdem beherbergt das Gut auch ein kleines, feines Seminarzentrum, ein gemütliches Restaurant mit angeschlossenem Bioladen und ein stilvolles Gästehaus. Seit Mitte des vorigen Jahres ist Herbert Stranzinger Gastgeber auf Gut Wildshut. Chris Holzer hat den Vertriebsprofi und Hobbykoch Stranzinger zum Interview gebeten mit dem Fokus darauf, inwieweit sich ein Ort der guten Begegnung, des Austausches und des naturnahen Erlebens auf die Arbeitskultur auswirkt.

Was prägt das Flair von Wildshut?

Wir lassen den Produkten Zeit zum perfekten Reifen. Dabei achten wir sehr darauf, dass der Boden gute Nährstoffe hat und lebendig ist. Darauf wächst dann besonderes Urgetreide, das wir hier selbst vermälzen und dann zum Bierbrauen verwenden. Die Natur ist kreativ, d. h. die Zutaten haben jedes Jahr einen anderen Charakter, das gilt es von unserem Braumeister entsprechend einzuschätzen. Den Reifeprozess unserer Biere – wie auch unsere Tiere – unterstützen wir durch Musik. Es ist nicht irgendeine Musik, sondern Mozartklänge mit 432 Herz. Am Ende kommt ein besonderes Getränk ins Glas, und auch die Tiere fühlen sich wohl. Wir sehen uns als Impulsgeber für Körper, Geist und Seele. Bei uns können die Gäste zur Ruhe kommen. Wir versuchen sie aus dem Alltag herauszubringen und lassen sie in unsere Welt eintauchen. Wie wir das anstellen? Zum Beispiel backen wir gemeinsam Brot oder sorgen für Bewegung. Zum Beispiel können sich unsere Gäste auf unseren Baum- und Achtsamkeitsweg begeben oder die unberührte Natur am Höllerersee genießen. Auch unsere Wiesen halten Spannendes bereit. Es sind Magerwiesen und sie sind Heimat für allerlei Kräuter, Blumen und Insekten. Das Fühlen dieser Pflanzen und das Summen beruhigen. Wir kümmern uns zudem auch um die Bewegung des Geistes, in dem wir in unserem Campus z. B. Menschen im Nachhaltigkeitsmanagement ausbilden. Was auch immer der Gast braucht, wir bemühen uns, individuell für jeden das zu finden, was für ihn oder sie passt.  

Sie sind aus einer sehr erfolgreichen Karriere bei der Salzburg AG hierher gewechselt. Woher kam der Mut?

Der Mut kam bzw. kommt aus dem tiefen Sinn, der in einer inspirierenden neuen Aufgabe steckt. Meine private Leidenschaft für Lebensmittel und Kochen hat mich zu diesem Job geführt. Ich koche schon seit meiner Jugend sehr gerne. Als Gastgeber bin ich in die Qualitätsentwicklung rund ums Essen und Trinken eingebunden. Und genau dieser Qualitätsanspruch hat mich angeleitet, aus einem erfolgreichen Job im Key Account Management heraus etwas gänzlich anderes zu tun. An jedem Tag, an dem ich nach Wildshut fahre, denke ich mir, ist das jetzt Arbeit oder nicht?  

Wildshut als Arbeitgeber: Braucht es spezielle Menschen, die für eine Tätigkeit bei Ihnen geeignet sind?

Wir sind uns unserer Besonderheit in Wildshut bewusst. Hier dürfen wir mehr ausprobieren und experimentieren als anderswo, weil es um ein Modell für ein neues Wirtschaften geht. Wenn der Ort eine gute Aura hat, dann findet man die richtigen Leute und die richtigen Leute kommen zu einem. Die Menschen, die jetzt bei uns arbeiten, haben alle unseren Unternehmenszweck verinnerlicht, nämlich, dass wir das Leben lieben und Menschen zusammenbringen möchten und dabei auch auf die betroffenen Ökosysteme zu achten, d. h. gut mit den Ressourcen umzugehen. Wir wollen hier nicht nur in der Arbeit sein. Ein Koch von mir hat einmal gesagt: „In Wildshut zu arbeiten, ist eine Lebenseinstellung.“ Mit solchen Leuten, die multiple Verantwortung in sich selbst tragen, lässt sich gut arbeiten. Daher kann die Führung des Guts in Kreisen geschehen, nicht top-down. Beim Recruiting werden wir ausgezeichnet von der Stiegl-HR-Abteilung unterstützt. 

Ihr Restaurant „Einkehr“ komplettiert den Ort der Lebensfreude?

Wir kombinieren ein Wirtshaus mit dem Verkauf unserer selbstgemachten Produkte und einer kleinen, feinen Brauerei. Auch hier haben wir auf den richtigen Kreislauf geachtet und viele alte Materialien aus der Brauerei verbaut. Das, was neu gebraucht wurde, hat uns das Pongauer Unternehmen Thoma Holzbau geliefert. Zum Beispiel kommt unsere Vollholzbrauerei gänzlich ohne Metallverbindungen aus. Der Anblick und das Gefühl, in diesen Räumen zu sitzen, sind überwältigend. Daher passt es wunderbar, dass wir stolzer Partner der ersten Stunde von Slow Food Salzburg sind. Wir wollen den Dingen die Zeit geben, die sie brauchen, um sich zu entwickeln und richtig gut zu werden. Das gilt für das Bierbrauen, das Brotbacken, das eingelegte Gemüse und das Fleisch. Das schmeckt man, und unsere Gäste lieben das.

Weitere interessante Artikel
  • Handschuhe
    Elephant Skin sorgt international für Furore
    Weiterlesen