Zum Inhalt springen
Online einkaufen
© Achira22 I stock.adobe.com

Mehr Wettbewerb, weniger Pakete

Die 150-Euro-Freigrenze für Importe in die EU soll ab 2028 abgeschafft werden. Wie wird sich dadurch das Kaufverhalten heimischer Konsumenten ändern?

Lesedauer: 2 Minuten

Aktualisiert am 21.11.2025

Rund 41 Prozent der Über-16-Jährigen in Österreich haben laut einer Studie der Johannes Kepler Universität Linz im vergangenen Jahr mindestens einmal bei Online-Anbietern wie Temu oder Shein bestellt. Deren Einkaufslust könnte ab 2028 etwas eingebremst werden. Die EU-Finanzminister haben sich kürzlich nämlich darauf geeinigt, die bisher geltende Zollfreigrenze für Waren, die weniger als 150 Euro wert sind, abzuschaffen. Bereits im kommenden Jahr soll eine Übergangsregelung in Kraft treten. In den diesbezüglichen Druck des heimischen Handels haben sich zuletzt teilweise echte Existenzängste gemischt.

Nach Angaben der EU-Kommission kamen 2024 rund 91 Prozent aller E-Commerce-Importe unterhalb dieser Grenze aus China. Das entspricht 4,17 Milliarden von insgesamt 4,6 Milliarden Sendungen. Ein Ende des Wachstums ist nicht in Sicht – im Gegenteil, der Zollstreit der USA mit China hat massive Handelsumlenkungen nach Europa zur Folge. Im Vergleich zum klassischen Handel setzen diese Plattformen auf Direktversand aus China, meist per klimaschädlicher Luftfracht, ohne Verantwortung für Produktsicherheit, Steuern oder Umweltstandards zu übernehmen. Der Anreiz, Lieferungen aufzuteilen, um unter der Zollfreigrenze zu bleiben, hat das Paketaufkommen zusätzlich in die Höhe getrieben. Mit dem Ende der Zollfreigrenze soll diese Paketflut eingedämmt und vor allem die Wettbewerbsverzerrung zuungunsten europäischer Händler reduziert werden. Der daraus entstehende wirtschaftliche Schaden soll laut Marktstudien allein in Österreich bis zu 4,5 Milliarden Euro betragen.

Wie aber würden die Konsumenten auf den Wegfall der Zollfreigrenze – und möglicherweise höhere Produktpreise als Folge – reagieren? Die Ergebnisse einer Studie des Instituts für Handel, Absatz und Marketing (IHaM) der Kepler-Universität zeigen eine deutliche Spaltung. 47 Prozent der Befragten befürworten die Abschaffung, da auch österreichische Händler bei Importen aus Asien Zoll entrichten müssen. 53 Prozent bewerten sie negativ und sehen darin vor allem eine Belastung für Konsumentinnen und Konsumenten. Besonders ausgeprägt ist die Kritik unter Personen, die sehr häufig in asiatischen Shops bestellen. In dieser Gruppe sprechen sich 70 Prozent gegen die neue Regelung aus.

Kurzfristig sei demnach mit Inkrafttreten von Zollgebühren eine Shopping-Delle zu erwarten, so die Studienautoren. „Auf lange Sicht ist aber zu befürchten, dass die Warenpreise bei Temu, Shein & Co. auch mit Zollgebühren vergleichsweise billig ausfallen werden und weiterhin zur Schnäppchenjagd animieren“, sagt IHaM-Institutsvorstand Christoph Teller. Die Konsumentenbefragung stützt diese These: 29 Prozent würden weiterhin bestellen, da sie die Produkte auch mit Zoll als preislich attraktiv ansehen. 52 Prozent wollen künftig stärker vergleichen und jeweils die günstigste Option wählen. 19 Prozent geben an, dann überhaupt nicht mehr bei asiatischen Plattformen einzukaufen. 49 Prozent der sogenannte „Heavy Online-Shopper“ würden ihr Kaufverhalten jedoch kaum ändern und auch künftig bestellen – unabhängig davon, ob Zollgebühren anfallen oder nicht.

Dennoch hält er die Abschaffung der Zollfreigrenze für ein wichtiges Signal: „Nicht nur der Preis, sondern auch der Wert, Umwelt und Nachhaltigkeit müssen bei Kaufentscheidungen mehr gelten“, so Teller.