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Vergangene Woche tagte in der WKO das steirische Wirtschaftsparlament.
© Foto Fischer

Wirtschaftsparlament: Weichen für Reformen

Fraktionen beschließen einstimmig Einsetzung einer Reformgruppe innerhalb der WKO Steiermark. Weiters wurde Erhöhung von Funktionsentschädigung ausgesetzt.

Lesedauer: 3 Minuten

Aktualisiert am 04.12.2025

Mit Spannung war die aktuelle Sitzung des Wirtschaftsparlaments erwartet worden. Nicht nur wegen der Debatten über die herausfordernden Rahmenbedingungen und Möglichkeiten zur Konjunkturbelebung, sondern weil die Wirtschaftskammer in den vergangenen Wochen auch selbst ein großes Thema in den Medien war. Darum gab es gleich zum Auftakt fünf dringliche Anträge, die Reformen innerhalb der Wirtschaftskammerorganisation zum Inhalt hatten. Angenommen und breit diskutiert wurde am Ende ein vom Wirtschaftsbund abgeänderter Antrag der Grünen Wirtschaft für eine umfassende Strukturreform. Dieser wurde von allen Fraktionen beschlossen, also vom Wirtschaftsbund (WB), der Liste der steirischen Industrie, der Freiheitlichen Wirtschaft (FW), dem Sozialdemokratischen Wirtschaftsverband (SWV), der Grünen Wirtschaft und den UNOS. Nach den jüngsten Turbulenzen müsse das Vertrauen der Unternehmerinnen und Unternehmer rasch zurückgewonnen werden, so der Tenor. Aus diesem Grund startet nun auch in der WKO Steiermark ein Reformprozess, der sämtliche Strukturen, Funktionsentschädigungen und das Wahlrecht – unter Einbindung aller Wählergruppen – auf den Prüfstand stellt. Bis Juni sollen erste Schritte auf dem Tisch liegen, seitens der Delegierten wurde zum Teil auf ein noch schnelleres Vorgehen gedrängt.

Josef Herk beim Wirtschaftsparlament
© Foto Fischer Josef Herk

Debatte versachlichen

Auch Präsident Josef Herk ging im Rahmen seines wirtschaftspolitischen Berichts auf die Causa ein: „Das Schiff Wirtschaftskammer ist in einen Sturm geraten. Die Sozialpartnerschaft, unsere gemeinsame Interessenspolitik, die vielen Serviceleistungen und nicht zuletzt auch das Bildungsangebot sind in Gefahr. Als Kapitän trage ich die Verantwortung, das Schiff mit seiner Mannschaft in schwierigen Zeiten in sichere Gewässer zu bringen“, betonte Herk bei seiner Rede vor den Delegierten. Darum wurde nun auch die umstrittene Erhöhung der Funktionsentschädigungen ausgesetzt. Diese werde extern evaluiert, so Herk: „Mit diesem Schritt wollen wir zu einer Versachlichung der Diskussion beitragen.“ Denn gerade jetzt brauche es eine starke Interessenvertretung mehr denn je.

Ilse Barteinstein beim Wirtschaftsparlament
© Foto Fischer llse Bartenstein von der Liste der steirischen Industrie

Reform statt Revolution

Aus diesem Grund wurde im erweiterten Präsidium der Wirtschaftskammer Österreich jetzt auch eine zweite Entscheidung revidiert: Arbeiter und Angestellte der Wirtschaftskammer erhalten ab Jänner um 2,1 Prozent mehr Gehalt. Ursprünglich hätte die Faktorerhöhung – diese erfolgt immer rückwirkend und hätte darum für 2026 die hohen Abschlüsse des Vorjahrs berücksichtigt – 4,2 Prozent betragen. „Ein höchst unglückliches Signal, das für parteipolitische Zwecke missbraucht wurde“, so Herk: „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter liefern täglich hervorragende Arbeit. Sie haben sich viel Expertise und Anerkennung erarbeitet und tragen unsere Organisation jeden Tag. Gerade in der Steiermark, wo ein Mitarbeiter im Schnitt 314,8 Kammermitglieder betreut – damit liegen wir in Sachen Effizienz österreichweit an der Spitze.“

Gleichzeitig schneide die Wirtschaftskammer Steiermark auch in Sachen Kundenzufriedenheit hervorragend ab. Konkret beträgt die Durchschnittsbenotung 1,3 – und das bei insgesamt 97.000 Serviceanfragen allein im Vorjahr. Herk rief darum zu einer ehrlichen und auf Fakten basierenden Diskussion auf. „Wir unterstützen Martha Schultz in all ihren Bemühungen, Reformen bundesweit voranzutreiben, und werden diese selbstverständlich auch in der Steiermark umsetzen.“ 

Wie dieser Weg im Detail aussehen soll, das werde in den kommenden Monaten ausgearbeitet. Ziel sei eine Reform und keine Revolution, so Martha Schultz, geschäftsführende Vizepräsidentin in der WKÖ, beim Wirtschaftsparlament auf Bundesebene.

Andrea Kern, Wirtschaftsparlament
© Foto Fischer Andrea Kern, steirische Landessprecherin der Grünen Wirtschaft

 

Steirische Initiativen

Aber zurück zur Steiermark. Insgesamt 29 Anträge standen auf der Tagesordnung, fünf davon wurden von allen Wählergruppen gemeinsam gestellt, ausgehend vom wirtschaftspolitischen Beirat unter seinem neuen Vorsitzenden Manfred Kainz. Darunter eine Initiative zur Modernisierung des Jugendarbeitsrechts, wo flexiblere Rahmenbedingungen für Lehrlinge gefordert werden. Weiters macht man sich für Deregulierung als dauerhaften Prozess stark, für eine landeseinheitliche Regelung bei Lkw-Fahrverboten in der Steiermark, für eine Optimierung des Standortmanagments hinsichtlich potenzieller Industrie- und Gewerbeflächen sowie für einen Lückenschluss beim Thema internationale Bildung. Doch nicht überall konnte so viel Konsens erzielt werden. Nur zwölf der 29 Anträge wurden angenommen (siehe Info rechts), drei weitere wurden an den wirtschaftspolitischen Beirat zur vertiefenden Debatte und inhaltlichen Bearbeitung zugewiesen.

Robert Rothschädl beim Wirtschaftsparlament
© Foto Fischer Robert Rothschädl, Sozialdemokratischer Wirtschaftsverband (SWV)


Angenommene Anträge

Das Wirtschaftsparlament hat das Präsidium beauftragt, einen strukturierten Reformprozess einzuleiten, der klar definierte Zielsetzungen, transparente Verfahrensschritte und einen verbindlichen Zeitplan umfasst. Die Reformgruppe hat sich insbesondere mit folgenden Handlungsfeldern zu befassen:

• Modernisierung der Organisationsstrukturen (Effizienzsteigerung, Prozessoptimierung und Funktionslogik)

• Weiterentwicklung des Wahlrechts unter Berücksichtigung rechtlicher Rahmenbedingungen

• Stärkung von Transparenz- und Informationsstandards in interner und externer Kommunikation

• Anpassung des Modells zur Entschädigung von Funktionsträgern unter Berücksichtigung der rechtlichen Rahmenbedingungen

Christian Kovac beim Wirtschaftsparlament
© Foto Fischer Wirtschaftsparlament-Premiere: UNOS-Sprecher Christian Kovac


Weitere beschlossene Anträge:

• Modernisierung des Jugendarbeitsrechts (Lehrlinge)

• Deregulierung als dauerhaften Prozess implementieren

• Landeseinheitliche Regelung bei Lkw-Fahrverboten

• Industrie- und Gewerbeflächen: Standortmanagement optimieren

• Lückenschluss bei internationaler Bildung

• Sicherung touristischer Erreichbarkeit Schladming-Dachstein

• Ausbildungsfreundliche Anpassung der AUVA-Unterstützung bei Entgeltfortzahlungen

• S36-Vollausbau und B317-Sicherheitsausbau

• Dreispuriger Ausbau der A9 im Süden von Graz

• Bankenregulierung vereinfachen 

• Freihandelsabkommen EU-Mercosur-Staaten unterstützen

• Umgehende Reparatur der NOVA-Befreiung für Pickups

Thomas Kainz beim Wirtschaftsparlament
© Foto Fischer Thomas Kainz, Landesobmann der Freiheitlichen Wirtschaft (FW)